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Wie mans macht

Graz querbeet

Gerade habe ich einen Regenwurm getötet. Ich habe ihn von meinem Schneidbrett in den Bio-Müll geworfen und ihn dann mit einem Schluck Wasser übergossen. Seither bewegt er sich nicht mehr. Ich bin verzweifelt. Regenwürmer lieben doch Wasser!
Ich, die Tierschützerin, die Weltverbesserin. Wie man’s macht ist es falsch.
Jede Stunde sehe ich einmal nach, ob er sich vielleicht doch noch bewegt. Bisher: Nicht.
Der Regenwurm war im auf dem Markt gekauften Rucola.

      Neuerdings gehe ich zum Kaiser-Josef-Markt, den es offenbar schon seit 1928 gibt.
Ich mag das Treiben auf dem Markt, die unterschiedlichen Gerüche, Farben – vor allem im Sommer. Am liebsten mag ich aber, dass Obst und Gemüse frisch, regional und saisonal sind und man nicht blöde Supermarkt-Ketten unterstützt, sondern Bäuerinnen und Bauern aus der Umgebung.
Wie zum Beispiel da, wo mein Freund und ich vor ein paar Samstagen eine Schale Himbeeren reklamierten, weil die Hälfte der Himbeeren schimmelig war.
„Aber geh‘!“, sagt die Verkäuferin. „Wo is’n do a Schimmel? Des is a Sonnenbrand!“, meint sie weiter und pult mit ihren Gemüsefingern den Schimmel von einer Himbeere.
„Wieder auf das Markt-Blabla reingefallen“, sagt mein Freund einmal, nachdem er sich einreden hat lassen, die grünen Pfirsiche würden spätestens heute Nachmittag „sicher!“ schon reif sein.
Aber ja. Man tut, was man kann und Verkaufsstrategien gibt es überall (nicht nur in blöden Supermärkten).
Fleisch kaufe ich nur beim Feiertag – beste Beratung und glückliche (wenn auch tote) Almochsen und Hendln. Ein Bekannter hat einmal gesagt, die Bio-Hendln kannst nicht essen, die sind zu zach. Weil sie nämlich auf der Wiese herumlaufen. Finde ich zum Beispiel nicht.

      Früher habe ich am Lendplatz-Markt eingekauft. Fisch-Stände gibt es da zwei. „Der hot kane guatn Fisch‘“, hat ein Fisch-Verkäufer einmal über  den anderen gesagt. „Der wischt immer den Schlatz owa, vom Fisch.“ Das habe ich schon einmal gesehen: Da fasst man den Fisch am hinteren Ende an, da, wo die Schwanzflosse ist und mit der anderen Hand wischt man, den Fisch zwischen Zeigefinger und Daumen, den Schleim runter. „Wenn’s schlatzig san, san’s nix mehr guat“, hat der Verkäufer gesagt.
Ich hab meistens die schlatzigeren gekauft, weil sie billiger sind.

      Bei einer Frau am Lendplatz-Markt habe ich aufgehört einzukaufen, nachdem sie rassistische Weisheiten von sich gegeben hat.
Seit kurzem findet man aber (abgesehen von Megaphon-VerkäuferInnen) regionale Multikulturalität auf dem Markt am Lendplatz: Ulli und Scott Klein haben dort ihren Stand – mit alten Sorten und bald auch Bio-Gemüse. Die Entstehung der KLEINeFARM und der Werdegang von Ulli und Scott Klein lesen sich auf ihrer Homepage traumhaft – auch deshalb, weil aus der Perspektive der 5jährigen Tochter Simone erzählt wird. Was ich auch erfahre, ist, dass das im Juni eröffnete vegane café erde (Das “café erde” versteht sich als weltoffenes Café mit einer Vorliebe für pflanzliche Genüsse.) Gemüse der KLEINeFARM verwendet.

      Das Brot kaufe ich im Bioladen, je nach Lust und Laune auch andere Dinge wie Milch, Topfen, manchmal Gemüse. Der Bioladen sagt: „Am Markt brauchst nix kaufen – ist gespritzt.“ Die anderen sagen, bio und nicht-regional passt nicht zusammen. Und der Bioladen sagt, das ist wegen der Wettbewerbsfähigkeit: Avocados und Bananen das ganze Jahr, importiertes Obst und Gemüse im Winter. Gut, gespritzt, aber wenigstens regional und saisonal. Letzten Frühling am Lendplatz-Markt wundere ich mich: „Knoblauch gibt’s auch schon!“ Sagt die BäuerIn: „Der ist aus Italien. Unserer ist der junge.“

      Gestern habe ich bei H&M eingekauft: Conscious Collection. Die Hose ist aus recyceltem Polyester aus Verbraucherabfällen und das Shirt aus Bio-Baumwolle. Muss aber (für einen Hungerlohn und – nicht auszuschließen – von Kindern) in China oder Bangladesh gefertigt sein, damit ich die Sachen um €10 Euro das Teil kaufen kann. Das letzte, das ich bei BAN second hand gekauft habe, ist ganz hübsch. Nur riecht’s unter der Achsel ein bissl nach fremdem Schweiß und das Loch dort habe ich beim Kauf auch nicht gesehen. Aber ja. Ressourcen gespart. Der Regenwurm lebt übrigens (wieder oder noch).


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Text u Bild: kateřina černá:
Ich bin eine große Träumerin, ewige Pläneschmiederin, Künstlerin, Freundin, Schwester, Sängerin, Meer- und Kaffee-, Liebhaberin, Schriftstellerin auf der Suche nach der Antwort auf die Frage, wie spät es jetzt wohl in Ulaanbaatar ist.


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[Kolumne/katerina cerna/01.10.2012]





    Kolumne/katerina cerna


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